Kann ein Schaden an einem Auto oder einem anderen Gegenstand nicht mehr instand gesetzt werden oder lohnt sich die Reparatur schlicht weg nicht, dann sprechen Experten von einem Totalschaden. Im Wesentlichen wird zwischen einem technischen und einem wirtschaftlichen Totalschaden unterschieden. Auf diesen und die Abrechnung mit der Versicherung gehen wir im Folgenden ein.
Inhalt dieses Ratgebers
Technischer oder wirtschaftlicher Totalschaden: Was ist was?

Einen Moment nicht aufgepasst und schon kracht es. Täglich kommt es zu Unfällen, glücklicherweise werden nur selten Menschen verletzt. Doch die Blechschäden sind oft enorm. Bescheinigen die Gutachter dann einen Totalschaden an den Wagen, raufen sich die Fahrzeughalter die Haare: Die Autos sind hin.
Im Fachjargon wird zwischen einem wirtschaftlichen und einem technischen Totalschaden unterschieden.
Wirtschaftlicher Totalschaden am Auto: Restwert und Wiederbeschaffungswert
Übersteigen die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs, wird von einem wirtschaftlichen Totalschaden gesprochen. Es lohnt sich also aus wirtschaftlicher Sicht nicht, das Auto zu reparieren.
Auch wenn die Differenz aus Restwert und Wiederbeschaffungswert die Reparaturkosten sprengt, hat das Kfz einen wirtschaftlichen Totalschaden. Je älter das Fahrzeug ist, desto geringer ist der Restwert. In solchen Fällen können also schon kleinere Blessuren wirtschaftlichen Totalschaden verursachen.
Wiederbeschaffungswert: Diese Kosten müssten Sie aufbringen, um ein Auto von dem Wert zu kaufen, welchen Ihr Fahrzeug vor dem Unfall hatte.
Hierzu ein Beispiel:
Reparaturkosten = 6.000 Euro
Wiederbeschaffungswert = 5.500 Euro
Restwert = 700 Euro
Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert = 4.800 Euro.
Es liegt damit beim Auto ein wirtschaftlicher Totalschaden vor. Zum einen übersteigen die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert um 500 Euro, zudem ist auch die Differenz aus Restwert und Wiederbeschaffungswert geringer als die kalkulierten Reparaturkosten.
Um den Restwert zu ermitteln, muss ein Unfallgutachten bestellt werden. Dieses führt dann die Schäden an dem Fahrzeug auf und umreißt die anfallenden Reparaturkosten.
Restwert: Dies ist der Wert, welchen das Auto nach dem Unfall im nicht reparierten Zustand noch hat. Durch ein Gutachten wird dieser Zustand des Fahrzeugs ermittelt.
Technischer Totalschaden: Instandsetzung nicht mehr möglich!

Ein technischer Totalschaden liegt immer dann vor, wenn es nicht möglich ist, den Schaden zu beheben. Das Kfz kann also nicht mehr in den vorherigen Zustand versetzt werden und ist fahruntüchtig.
Diese Art von Totalschaden führt also automatisch auch zu einem wirtschaftlichen Totalschaden. Der Restwert beträgt allerdings in diesem Fall 0 Euro.
Totalschaden & Abrechnung: Regulierung durch die Versicherung
Wie läuft nun die Abrechnung bei einem Totalschaden am Kfz? Liegt ein wirtschaftlicher Totalschaden vor, ist die Versicherung nicht dazu verpflichtet, die Reparatur zu zahlen. Der Bundesgerichtshof entschied im Jahr 2007 (Aktenzeichen: VI ZR 258/06), dass dem Unfallopfer nur der Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes auszuzahlen ist (§ 254 BGB).
Was ist die 130-%-Grenze?
Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel und so ist es auch in diesem Fall. Liegen die Reparaturkosten maximal 30 Prozent über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs, kann unter bestimmten Voraussetzungen dennoch eine Reparatur durchgeführt werden.
Diese Regelung kommt vor allen denjenigen zugute, die ihr Auto unter keinen Umständen abgeben wollen. Der BGH entschied 1992, dass dem Geschädigten eine Toleranzgrenze von 30 Prozent des Wiederbeschaffungswertes zustehe.
Auch hierzu ein Beispiel:
Wiederbeschaffungswert = 40.000 Euro
Maximale Reparaturkosten = 52.000 Euro
Die gegnerische Versicherung muss die Reparaturkosten übernehmen, sofern der Geschädigte das Kfz fachgerecht reparieren lässt und noch weitere sechs Monate weiter fährt. Die Reparatur muss durch eine Rechnung nachgewiesen und die Kosten müssen dann sofort erstattet werden, nicht erst nach einem halben Jahr.
Wirtschaftlicher Totalschaden: Abrechnung bei Neuwagen
Besonders wenn der Wagen noch recht neu ist, tun die ersten Dellen und Kratzer besonders weh. Trägt der Neuwagenbesitzer an dem Unfall keinerlei Schuld und kommt es zu umfangreichen Schäden, kann dieser auf Neuwagenbasis abrechnen.

Dies bedeutet, dass er für seinen Pkw den Neupreis verlangen kann (unechter Totalschaden). Der Unfallwagen geht dann an die gegnerische Haftpflichtversicherung oder darf veräußert werden. Diese Option ist allerdings an einige Voraussetzungen gekoppelt.
Ist der Wagen erst seit vier Wochen zugelassen und die Fahrleistung liegt bei maximal 1000 Kilometern, darf auf Neuwagenbasis abgerechnet werden.
Übersteigt die Fahrleistung die 1000 Kilometer, muss mit einem Abschlag von 1 bis 1,5 % des Neupreises pro 1000 Kilometern gerechnet werden, so entschied es der BGH 1983.
Darüber hinaus muss das Auto so extrem beschädigt sein, dass es dem Unfallopfer nicht zugemutet werden kann, mit einem reparierten Kfz zu fahren, wo er doch gerade einen Neuwagen gekauft hatte. Das Oberlandesgericht München entschied hierzu, dass die Reparaturkosten hierzu mindestens 30 Prozent des Fahrzeugwertes ausmachen müssen.
Erleidet ein Neuwagen extreme Beschädigungen oder gar einen Totalschaden, so steht dem Besitzer der Neuwagenpreis zu, von welchem der Restwert abgezogen werden muss. Das Kfz darf dabei nicht älter als vier Wochen sein und darf nicht mehr als 1000 Kilometer auf der Kilometeranzeige haben.
Unechter Totalschaden: Wenn die Vollkasko in Anspruch genommen wird
Kommt nach einem Unfall die Vollkasko ins Spiel, so möchte der Unfallverursacher den Schaden an seinem eigenen Fahrzeug regulieren, denn häufig trägt auch dieses einen Schaden davon.
Die Vollkaskoversicherung zahlt an den Besitzer des Wagens dessen Wert abzüglich des Restwertes aus. Innerhalb des Halbjahres nach der Erstzulassung erhält der Versicherungsnehmer den gesamten Wiederbeschaffungswert.
Darf der Geschädigte die Reparatur selbst durchführen?

Der BGH entschied, dass auch bei einem Totalschaden selbst Hand angelegt werden darf. Allerdings zahlt die gegnerische Versicherung auch in diesem Fall nur bis zu 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes.
Das Unfallopfer muss die Reparatur nicht im Detail nachweisen, jedoch kann die Versicherung einen Gutachter bestellen, welcher die fachgerechte Instandsetzung in Augenschein nimmt.
Überschreiten die Reparaturkosten die Grenze, kann der Geschädigte nicht einen Teil von der Versicherung verlangen und den anderen Teil aus eigener Tasche zahlen. In diesem Fall kann das Unfallopfer nur den Wiederbeschaffungswert verlangen.
Schafft es der Geschädigte mit den Reparaturkosten unterhalb der 130-%-Grenze zu bleiben, obwohl der Sachverständige anderes feststellte, so muss die Versicherung zahlen (BGH 2011 VI ZR 79/10).
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