Laut der Zahlen des Statistischen Bundesamtes ereignen sich die meisten Unfälle morgens vor bzw. abends nach der Arbeit. Einerseits lässt sich dies zwar mit dem erhöhten Verkehrsaufkommen begründen, anderseits scheinen die Verkehrsteilnehmer zu dieser Zeit aber auch unkonzentriert zu sein. Wer lange Strecken morgens im Dunklen zurücklegen muss und nachts nicht gut geschlafen, hat unter Umständen mit zufallenden Augenlidern zu kämpfen.
Inhalt dieses Ratgebers
Unfall durch Sekundenschlaf: Wenn die Warnzeichen ignoriert werden

Der Definition nach ist ein Sekundenschlaf eine Müdigkeitsattacke, die eben nur wenige Sekunden anhält und den Betroffenen ungewollt überfällt.
Der Deutsche Versicherungsrat teilte 2010 mit, dass ca. jeder vierte Unfall mit Todesfolge auf der Autobahn durch einen Sekundenschlaf passiert. Solch ein Unfall endet meist dramatisch – bei Tempo 100 werden etwa 28 Meter pro Sekunde unkontrolliert zurückgelegt.
Wer die Warnzeichen des Körpers ignoriert, riskiert einen Sekundenschlaf und einen Kfz-Unfall. Bekannte Anzeichen sind beispielsweise:
- trockene Mundschleimhaut
- schwer werdende Augenlider
- leichtes Frösteln
Verschiedene Komponenten fördern Müdigkeit am Steuer beim Autofahrer. Dazu zählen schweres Essen, Fahren in der Nacht oder fehlende Pausen. Auch Alkoholgenuss am Vorabend kann zu Sekundenschlaf am Steuer führen.
Durch Sekundenschlaf einen Unfall verursacht: Mit welchen Strafen ist zu rechnen?
Führt Sekundenschlaf zu einem Unfall mit dem Kfz, sind verschiedene Strafen denkbar. Je nach Umstand und Folgen des Unfalls kann Ihnen Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Dies wird nach § 315c Strafgesetzbuch (StGB) mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe bedroht.
Verletzen Sie andere Verkehrsteilnehmer, kann eine Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung drohen. Hierauf steht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe (§ 229 StGB). Darüber hinaus können zivilrechtliche Konsequenzen auf Sie zukommen, denn unter Umständen hat der Geschädigte Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.
Kommt es durch einen Sekundenschlaf zum Unfall und eine Person wird dabei getötet, kann die Staatsanwaltschaft Anklage wegen fahrlässiger Tötung erheben. Laut § 222 StGB ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe zu rechnen.
Geraten Sie in eine Polizeikontrolle, sind dabei völlig übermüdet und könnten deswegen einnicken, kann die Polizei Ihnen wegen fehlender Fahrtauglichkeit den Führerschein entziehen. Unter Umständen kommt ein Bußgeld hinzu.
Aktuelle Rechtsprechung: Das sagen das BGH und die Oberlandesgerichte

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied in einem Beschluss vom 18.11.1969 (Az. 4 StR 66/69), dass der Fahrer eines Fahrzeugs Ermüdungserscheinungen feststellen müsse, bevor es letztendlich zu einem Sekundenschlaf und einem Unfall kommt.
In einem weiteren Urteil (Az. I ZR 166/04) entschied der BGH allerdings auch, dass ein Autofahrer, der am Steuer einnickt, nicht automatisch grob fahrlässig handelt. Dies sei nur gegeben, wenn er über die Anzeichen des Körpers hinweg sieht und weiterfährt. Zu beachten sei allerdings auch, dass es keine medizinischen Beweise dafür gäbe, dass einem Sekundenschlaf immer erkennbare Ermüdungserscheinungen vorausgingen.
Mehrere Oberlandesgerichte sprachen sich in ihren Urteilen ebenfalls gegen eine grobe Fahrlässigkeit bei einem durch Sekundenschlaf verursachten Unfall aus. So widersprach das OLG Oldenburg (Az. 2 U 139/89) der Annahme, dass stets ein unübersehbares Anzeichen dem Sekundenschlaf vorausginge.
Wie reagiert die Versicherung auf solch einen Unfall mit dem Auto?
Diese verbraucherfreundlichen Urteile lassen auch die Versicherungen nicht unberührt. Diese hatten immer wieder nach einem durch Sekundenschlaf verursachten Unfall den Schutz versagt. Dies ist allerdings nur rechtens, wenn grobe Fahrlässigkeit vorliegt.
Muss die Vollkasko nach einem Sekundenschlaf und folgendem Unfall zahlen? Das OLG Koblenz entschied in mehreren Urteilen, dass sie den Schaden regulieren müssen, sofern der Fahrer auf der Straße nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig handelte.
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